Donnerstag, 29. Juni 2017

Fünf Minuten - ein Tagebuch - von Ian Cushing

Cover zeigt einen Totenschädel, hinter dem Kindle sieht man einen Krankenhausflur
Die passende Lektüre
zur bedrückenden Umgebung

Roman, 56 Seiten
Self-Publishing, neobooks, Juni 2017
Genre: Kurzgeschichte, Gegenwartsliteratur, Entwicklungsroman
ASIN: B072K5TCJS
Roman bei Amazon

Woher:  Rezensionsexemplar des Autors, dem ich herzlichst dafür danke



So fängt es an


Ich habe mich entschlossen, eine Art Tagebuch zu führen und meine Gedanken aufzuschreiben.

Zusammenfassung


Der Protagonist ist ein harmoniebedürftiger Mann mit einem unspektakulären Job. In Form von Tagebucheinträgen lässt er uns an seinen Gedanken über das Leben teilhaben. Durch Situationen existenzieller Art wird er zu spontanen Entscheidungen gezwungen und verändert sich peu a peu.




Persönliche Meinung


Diese Kurzgeschichte ist beklemmend ergreifend. Dazu trug auch bei, dass ich sie auf einem Krankenhausflur las.

Die Geschichte ist in Form von Tagebucheinträgen in Ich-Form des Protagonisten verfasst, der namenslos bleibt. Das Tagebuch geht über gute zwei Jahre, von 2015 bis 2017. Der Schreiber berichtet von seiner Kindheit und seiner aktuellen Situation und reflektiert dabei sein Dasein. Wir kommen dem Protagonisten sehr nahe, er lässt uns hautnah an seinen Gefühlen teilhaben.
 
Erst nach einiger Zeit beginnt sich eine Handlung zu entwickeln, genauer gesagt teilt der Tagebuchschreiber einige besondere Situationen mit uns, die ihn zu unerhörten Handlungen nötigen. Wie ihn diese Handlungen beschäftigen und schließlich verändern, wird sehr dicht, lesenswert und sehr genau beschrieben. Ich war innerlich bei ihm und konnte alles nachvollziehen, bis er dann zu weit ging. Oder vielleicht war es auch nur der logische Schritt? Entscheidet selbst.

Der Protagonist ist kein Held im klassischen Sinne. Er ist einerseits harmoniebedürftig, hilfsbereit, nimmt sich andererseits selber sehr zurück und ist wahrscheinlich depressiv. Er ist Existenzialist, verehrt Camus, Sartre und Hesse und erwartet nicht viel vom Leben. Genauer gesagt denkt er, dass das Leben an sich sinnlos ist.

Der Sprachstil ist ruhig und niveauvoll gehalten und spiegelt die nüchternde, bedrückende Lebenshaltung des Tagebuchschreibers wieder. Jeder, der einen Hauch von Niedergeschlagenheit kennt, bei dem das Leben nicht nur heiter Sonnenschein ist und der als Kind eher ängstlich war und am Rand stand, wird sich von diesem Buch verstanden fühlen.

Der Autor schafft es, die Geschichte auf den Punkt zu bringen, alles ist zitierwürdig und kein Wort ist zuviel. Ian Cushing hat hier viel Wahres geschrieben, Gedanken, die ich auch nachvollziehen konnte.
 
Der Buchtitel übrigens bezieht sich nicht auf die Lesedauer, es ist zwar eine Kurzgeschichte, aber ich hab dann doch eine gute Dreiviertelstunde gelesen ;). Die Zeit ist gut investiert.


Lesen oder nicht?

Eine ruhig erzählte Geschichte, die nachhallt und die großen Fragen aufwirft und ein reflektierender Anti-Held: diese Kurzgeschichte ist nicht Mainstream, aber lohnt sich: Klare Empfehlung von mir. Das Buch ist etwas besonders.


3 Zitate


Musik hat mir immer viel bedeutet und auch beim Schreiben des Tagebuchs geistern mir immer wieder Textzeilen und Songs durch den Kopf. Das Hobby hat mir sehr viel gegeben und war viele Jahre lang mein wirklicher Lebensinhalt, natürlich zusammen mit meiner Frau. Sie hat mich oft genug unterstützt und angetrieben, allerdings immer nur im positiven Sinne. Wann immer ich mir meine kleine Flausen in den Kopf gesetzt hatte und irgendwann nach der anfänglichen Euphorie dachte, dass es eigentlich sinnlos sei, hat sie mich motiviert und angetrieben. [Zufallszitat, Pos. 118]

Vor Jahren versuchte ich einem Freund zu erklären, dass der Mensch immer allein ist, auch wenn er Freunde und Partner hat. Niemand, ausnahmslos niemand, empfindet die Freude, das Leid und alle Gefühle dazwischen in exakt derselben Weise, wie die betreffende Person. [Pos. 152]

Ich bin dazu verdammt, in den Menschen immer das Gute zu sehen und ihnen ein gutes Gefühl zu geben, sogar, wenn ich ihnen eigentlich in ihr Gesicht schlagen möchte. [Pos. 397]



Rezension auf anderen Blogs


Tapsis Buchblog: Was ist das Leben mehr als das Warten auf den Tod?
Worldworld: 2,5 von 5 Sterne 


Ich freue mich über eure Kommentare und hoffe, dass ihr diese Geschichte auch so interessant findet wie ich.

2 Kommentare:

  1. Liebe Daniela,

    vielen Dank für deinen Kommentar zu meiner Rezi zu diesem Bch. Schön, dass es dir gefallen hat und ein Hurra, dass die Geschmäcker sich unterscheiden. Bei solch einem persönlichen Buch kommt es -denke ich- gerade besonders auf die Person an, die es liest, ob man dem Inhalt und somit auch der Handlung zustimmt, oder nicht. Ich konnte nicht zustimmen, es hat mich aber trotzdem irgendwie berührt. Und du hast natürlich ganz genau recht, was erwartet man mehr von einem solchen Roman...
    Danke für dein Lob an meine Rezi und fürs Verlinken!

    Alles liebe
    Sophia

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    1. Hi Sophia,
      ja, auf jeden Fall, berührt war ich auch. Auf jeden Fall einer der Highlights meines Lesejahres. Atmosphärisch.

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